Die Bündner Metzgerin Tanya Giovanoli.

Was Wein mit Wurst verbindet.

rotwein

Ich liebe Wein. Und Würste. Die beiden Genuss- und Lebensmittel haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Wenn man genauer hinschaut, sieht es etwas anders aus. Es sind Terroir-Produkte mit klarer Herkunft, typisch für die Region, wo sie hergestellt werden und wie sie reifen: der Wein in Holzfässern, die trockene Wurst in alten Keller-Gemäuern. Beide Produkte werden im besten Fall kunstvoll und mit viel handwerklichem Geschick produziert.

Herausragenden Weinen aus einer klar definierten Einzellage ist man schon öfters begegnet. Aber wunderbaren Würsten? Den besten Salami, den feinsten Salsiz stellt die Bündner Metzgerin Tanya Giovanoli her, die in Reichenau eine Produktionsstätte eingerichtet und vor vier Jahren ihr Unternehmen «meat design» gegründet hat (www.meatdesign.ch). In ihrem kleinen Reich sind keinerlei Zusatzstoffe zu finden, keine Phosphate, kein Bindemittel, keine Konservierungsmittel, stattdessen Himalaja-Salz.

Die ursprünglich aus dem Bergell stammende und in einer Metzgerfamilie aufgewachsene Tanya Giovanoli ist faktisch eine One-Woman-Show. Sie arbeitet nach alten, überlieferten Rezepten, verwendet für ihre Produkte lediglich einheimisches Fleisch, wenn möglich von nahegelegenen Bauernhöfen. Zu ihrem vielseitigen, äusserst geschmackvollen Repertoire gehören nicht zur Trockenwürste, sondern auch regionale Produkte, die fast in Vergessenheit geraten sind, etwa die Churer Beinwurst oder die getrocknete Blutwurst. Neue Kreationen wie die Rahmbratwurst lassen Geniesser-Herzen freilich ebenso höherschlagen.

Ich bewundere ihre Leidenschaft, ihr Engagement. Die Metzgerin ist sich nicht zu schade, auch die berühmte «Extrameile» zu gehen, um grossartige Produkte herzustellen. Klar: Sie bewegen sich preislich auf einem anderen Niveau als industriell erzeugte Allerwelts-Produkte, zu denen niemand eine Beziehung aufbauen kann. Giovanoli mag Fleisch, aber nicht nur. Daher konserviert sie auch selbst angepflanztes Gemüse und eigene Früchte. Und backt bald einmal Brot, eine weitere Leidenschaft der Bündnerin, für ihre stets grösser werdende Fan-Gemeinde.

Wir müssen wieder lernen, die Arbeit solcher Kleinproduzentinnen und -produzenten mehr wertzuschätzen. Das gilt nicht nur für die Wurst, sondern auch – und damit schliesst sich der Kreis – für den Wein. Auch bei edlen Weinen macht man Entdeckungen, denn sowohl in der Schweiz als auch in anderen Weinanbaugebieten ausserhalb des Landes ist eine junge Generation am Werk, die handwerklich arbeitet und die neue, zum Teil unkonventionelle Wege einschlägt. Was gibt es Schöneres als ein Glas Wein aus solcher Produktion zu geniessen? Am besten mit einem Stück Salami von Tanya Giovanoli.


Peter Keller